Prometheus – ein Blender vom Feinsten

Seit ich 10 Jahre alt bin, will ich wissen, wer die Space-Jockeys sind. Dazu muss man folgendes wissen:

In dem Film „Alien“ aus dem Jahr 1978 entdecken die Filmcharaktere ein ausserirdisches Raumschiff, in dem sie ein totes Wesen finden, das „aus einer Art Stuhl herausgewachsen zu sein scheint“, so einer der Filmfiguren. Das ist ein Space-Jockey.
Laut Ridley Scotts Audio-Kommentar (auf der DVD) ist die Idee dahinter folgende: Das Alien ist eine Biowaffe, die die Space-Jockeys irgendwo hin transportieren wollten, der Transporter aber notgelandet ist auf LV-426, wo ihn die Besatzung der Nostromo zufällig gefunden hat. Das führte zur Handlung von „Alien“.

Nun hat der inzwischen geadelte und gealterte Sir Ridley Scott „Prometheus“ gedreht. Prometheus soll laut Ridley Scott die Frage beantworten, wer die Space-Jockeys sind und wem sie damals mit diesem gestrandeten Transporter die Alien-Biowaffe eigentlich schicken wollten. Einem anderen Volk, mit dem sie im Krieg sind? Oder uns?

33, in Worten dreiundreißg, Jahre warte ich nun auf die Antwort auf die Frage, wer ist das Wesen, dieser Space-Jockey. Seit meiner Kindheit, als ich Alien das erste Mal sah, geht mir die Frage im Kopf herum, weil dieses Wesen so fremd (alien) von allem war, das ich kannte. Alle Nachfolge-Filme haben diese Frage komplett ignoriert. Dann kommt Ridley Scott um die Ecke und verkündet: In Prometheus wird es genau um diese Frage gehen!
Aber was liefert Prometheus? Keine Antworten, sondern noch mehr Fragen! Prometheus fährt die Lost-Strategie: wir bauen Rätsel auf, damit sich die Leute die nächste Folge anschauen, aber in der nächsten Folge werden einfach nur noch mehr Rätsel aufgebaut. Bei einer TV-Serie kann ich damit leben, weil man für die nächste Folge keinen Eintritt bezahlen muss. Aber bei Prometheus fühlte ich mich einfach nur verarscht. Ich hab an der Kinokasse dafür bezahlt, Antworten auf Fragen zu bekommen, über die ich seit 33 Jahren nachdenke.

Stattdessen bekomme ich einen Alien-Monster-Movie mit Apple-Ästhetik vorgesetzt, der mehr Fragen aufwirft als beantwortet, die Antworten gibt es (vielleicht) in der Fortsetzung -> Lost-Strategie. Das ist die perfideste Franchise-Ausschlachtung, die ich je gesehen hab. Das ist noch weit schlimmer als die Matrix- und die StarWars-Ausschlachtungen.

Ein Raumschiff voller Vollidioten

Ich war enttäuscht davon, dass unser Ursprung ein (ich zitiere aus einer Filmkritik) “kreidebleicher Woody Harrelson” sein soll, den ich selbst als Albino-Skinhead bezeichnen möchte.  Was mich eigentlich am allermeisten genervt hat, ist, dass, völlig untypisch für einen Ridley-Scott-Film, die Figuren Dinge tun, die kein richtig tickender Mensch in der Situation tun würde. Alien (der Film) lebt in hohem Maße von der Glaubwürdigkeit der Figuren (finde ich) – sie reagieren auf die Bedrohung, wie es echte Menschen tun würden. In Prometheus tun sie die trotteligsten Sachen: nehmen ihre Raumhelme ab, tatschen tödlich aussehende Dinger an und haben nach der größten Entdeckung der Menschheitsgeschichte (ausserirdischer Intelligenz) keine bessere Idee, als erstmal zu schnackseln. That’s just sad.

Prometheus ist nicht AvP3 – immerhin!

Ich habe inzwischen sehr viele Reviews zu Prometheus gelesen, sowohl in der internationalen Presse, als auch in Foren. Dabei fällt mir auf, dass sich die Reviewer in zwei Gruppen spalten: A) Die Alien-Freaks und B) der Rest. Gruppe B sagt zu dem Film: Sieht fantastisch aus, tolle Schauspieler, aber Handlung und Message: großes Fragezeichen. Was sollen wir mit der Aussage des Films anfangen?
Der Tenor von Gruppe A: Sieht fantastisch aus, tolle Schauspieler, es werden so gut wie keine Antworten gegeben, auf die ich gehofft hatte, aber trotzdem ein großartiger Film! Ich stehe dazwischen: Die vielzitierte “große Erweiterung des Alien-Universums” kommt mir vor wie eine Schönredung der Tatsache, dass wir noch einiges an Kohle latzen sollen für Fortsetzungen, wozu Gruppe A neigt. Ich persönlich freue mich nur darüber, dass es nicht AvP3 geworden ist. Mehr nicht.

Was mir so durch den Kopf ging bei Prometheus

Wasserfall, UFO, Albino-Skinhead gluckert schwarze Pampe und verwandelt sich in Matsch. Ja und?

Ein Anruf beim Finanzverwalter vom alten Weyland “Hi, Weyland … was sagst du? Zwei Höhlenforscher haben ein paar Höhlenmalereien entdeckt, wo Strichmännchen auf Punkte zeigen? Wirklich? Warum baust du nicht sofort ein Raumschiff für 50 Trilliarden Dollar und fliegst da hin? Ach so, aus Steuergründen müsstest du dich aber während des ganzen Fluges im Schrank verstecken.”

Stellenanzeige in der Weyland-Weekly: “Suche einen Haufen Vollidioten, um die auf einen Mond zu schießen. Ziel: Geheim. Zweck: Geheim. Auftraggeber: Geheim. Zeitpunkt der Rückkehr: Nein.”

“Oh, mein Gerät zeigt Sauerstoff an. Runter mit dem Raumhelm! Wie tödliche Keime? Wasn das?”

“Schön, dieser intergalaktische Streichelzoo! Da grabsch ich doch gleich mal hin! Huch, jetzt bin ich ein Zombie. Da geh ich mal die Kollegen abmurksen.”

“Oh mein Gott, OH MEIN GOTT!! Kreisch!! Wir sind auf einem fremden Planeten, haben den Erstkontakt zu Ausserirdischen hergestellt! WAS SOLLEN WIR BLOSS TUN?? Ich glaub, das beste wäre, wir poppen erstmal ne Runde. Dein Augenwurm törnt mich einfach total an!”

*schlummer* *schnarch* “Ey, wer weckt mich denn da? Das sind doch die Typen, die ich vor 2000 Jahren hätte ausradieren sollen! Frechheit! Ich bin 1000mal intelligenter als die! Warum sollte ich die fragen, was sie hier machen? Ne, ich hau direkt mal alle platt hier!”

“So, der Tentakel ist raus aus meiner Gebärmutter. Ich tauf ihn “Thadäus”. Wo ist der Tacker? Und wer ist der Mann mit der schlechten Halloween-Alter-Mann-Maske in dem Rollstuhl da drüben?”

Man weiß nicht, wer der Mann mit der schlechten Halloween-Maske ist. Das könnte irgendwie jeder sein. Außer das, was es eigentlich darstellen soll: ein alter Mann. Der wahrscheinlich noch wesentlich weniger Gage gekostet hätte als Guy Pearce.

So, jetzt müssen wir noch Vickers umlegen. Hm. Greifen wir mal ganz tief in die Kiste “spektakulär fürs Auge und dramaturgische Gerechtigkeit”, die steht hier noch aus den 60er Jahren rum. Ah, hier haben wir es ja: “wird überrollt von großem Objekt. Person darf aber nicht links oder rechts ausweichen!”

“Ich bin der Captain der Prometheus. Toller Job eigentlich. Sitze nur rum, während sich die anderen Idioten abschlachten lassen. Oh, da kommt ein Anruf … da ist ne hysterische Frau dran … ich versteh kein Wort … wer ist nicht mehr da, wenn wir nach hause fliegen? … Alles klar, ich flieg jetzt mit der Prometheus in den Tod! Tschüss!”

Fazit

Es ist mir nicht verständlich, wie man diesen Film überleben kann, ohne dass einem vor permanentem, ungläubigen Kopfschütteln die Rübe abfällt. Hier gehts um das mit dem Namen von Sir Ridley Scott groß beworbene Prequel zu Alien! Und die Figuren im Film werden uns als erwachsene, professionelle  Zukunftsmenschen präsentiert, aber verhalten sich blöder als jeder Teenie in Horrorfilmen aus den 70ern!

Man kann uns in einem Film von 2012 unmöglich seit den 1970er Jahren abgenudelte Horrorfilm-Klischees verkaufen! Prometheus gehört in die Kategorie von 2010, Matrix 2/3, Sphere und US-Godzilla: Sie hatten die besten Voraussetzungen, Riesenknaller zu werden, aber sie enttäuschten auf ganzer Linie und schadeten den Originalen. Prometheus ist perfektes Blender-Kino: Auf der Leinwand sieht alles ganz toll aus, Effekte, Sound, Musik und Action vom Feinsten, aber wenn man sich die Story mal genauer anschaut, ist es ein so dämlicher Schwachsinn, dass man es als Konsument eigentlich als persönliche Beleidigung auffassen müsste.

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