Terminator 3 oder: wenn du’s nicht kannst, dann lass es bleiben

Spoilararm. Und Terminator-Vorkenntnisse erforderlich.

T3 hatte bei mir den „Oh je, der arme Nachfolger“-Bonus. Ich schaute mir den 3. Teil der Terminator-Filmserie wohlwollend hinsichtlich der Tatsache an, dass er kaum eine Chance hatte, auch nur vergleichbar zu sein mit seinem Vorgänger. Ich erwartete nichts derartig Legendäres, sondern einen soliden Actionflick, und obwohl T3 kein ärgerlich schlechter Film ist, hat er mich trotzdem enttäuscht. T3 ist so ein „Ach, egal“-Film. „Ach, egal“ seitens der Macher und genauso „ach, egal“ seitens der Zuschauer.

Ein Egal-Film

Die Macher (Regie/Produktion) sagten „Wir machen jetzt T3, egal, ob die Story irgendeinen Sinn macht“. Was sie hinten und vorne nicht tut. Dazu kommen wir gleich. Für den Zuschauer ist der Film auch egal. Wenn man ihn nicht gesehen hat, hat man nix verpasst, und wenn man ihn gesehen hat, ist man nicht sonderlich beeindruckt. Das kommt vor allem daher, dass man alles schon in den beiden Vorgängern gesehen hat.
Am Wichtigsten war dem Regisseur Jonathan Mostow laut eigener Aussage die „Story“ des Films. Soso. Dann wollen wir die mal etwas genauer betrachten. Skynet schickt eine Killermaschine in die Vergangenheit, um John Connor zu töten. Der Widerstand schickt einen weiteren Terminator in die Vergangenheit, um John Connor zu beschützen. Welchen Film habe ich gerade beschrieben? T2 oder T3? Richtig: beide. So viel dazu.

Wieso lebt John Connor als Outlaw a.k.a. obdachloser Biker?

Es geht los mit einem John Connor in seinen Mittzwanzigern, der ein Outlaw-Leben führt. Aus Angst, dass Skynet ihm erneut einen Killerroboter aus der Zukunft auf den Hals hetzt, lebt er von Gelegenheitsarbeiten auf Baustellen, hat keine feste Adresse, kein Telefon, lebt „außerhalb des Systems“.
Man erinnere sich an Terminator 2 – Judgement Day. Das Bestreben der Protagonisten liegt darin, es gar nicht erst zu einer Zukunft kommen zu lassen, in der das böse Computersystem Skynet der Menschheit mit Atombomben und Tötungsrobotern den Garaus machen will. Und genau das gelingt ihnen. Ironischerweise mittels eines umprogrammierten Terminators, der in dem Moment, wo die Guten gewinnen, eigentlich gar nicht existieren dürfte. Aber wir wollen die Sache jetzt nicht totnerden.

Wenn also der junge John Connor zusammen mit seiner Mama und dem guten Terminator die Entstehung von Skynet und von Terminatoren verhindert haben, wieso versucht der T3-John Connor dann, sich zu verstecken? Aber naja, damit kann ich leben. Wenn man als Kind von Killermaschinen aus der Zukunft gejagt wurde, kann man als Erwachsener schon ein bisschen paranoid werden.

Geliebte Heimat!

Was mich allerdings sehr wundert, ist Connors Lokalpatriotismus. Bei seiner „Flucht“ vor möglicherweise doch existierenden Terminatoren kommt er nämlich nicht über die Stadtgrenze von Los Angeles hinaus. Nach einem Unfall mit seinem Motorrad (Hey! In L.A. sind eben alle Obdachlose mit Motorrädern unterwegs!) bricht er nämlich in eine Tierklinik ein, um sich selbst zu verarzten. In eben jener Tierklinik arbeitet übrigens Kate Brewster, die mit ihm auf die gleiche High School gegangen ist. Wie klein die Welt doch ist! Und nicht nur das: Der Vater von Kate ist genau der Typ, der später Skynet einschaltet!

Tut mir leid, aber das muss sein: Erzähltheorie

So, und jetzt kommen wir mal zum Thema „Wenn du zu unfähig bist, eine gute Story zu erzählen, dann lass es einfach bleiben!“. Kleiner Ausflug in die Erzähltheorie. Jede fiktionale Geschichte stellt ihre eigenen Regeln auf. Die Geschichte ist u.a. dann gut, wenn sie interessant und spannend ist, ohne die eigenen Regeln zu brechen. Diese Regeln werden bestimmt durch:

1. Die Realität (unsere)
Wenn man was fallen lässt, fällt es auf den Boden, wenn man duscht, wird man nass, Fische können ganz gut tauchen und Schokolade schmeckt gut.

2. Das Genre
Jeder weiß, Der Herr der Ringe ist ein Fantasy-Film, deshalb geht keiner hin und sagt „Das ist ja alles total unrealistisch! Keiner hat in Wirklichkeit so riesige Augen wie Elijah Wood!“. Und wenn’s ein SF-Film ist, sagt keiner „Moment mal! Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit ist laut Einstein nicht möglich!“. Außer einer bestimmten Art von Nerds, nämlich den Spaßkiller-Nerds.

3. Das Werk selbst
„Werk“ bedeutet hier natürlich Buch, Comic, Film, Serie, was auch immer. Bei Goethes Faust wissen wir: Faust ist ein Mensch und die Alte, auf die er steht, ist ein Mensch. Alle sind normale Leute, bis auf Herrn Mephistopheles, der ist unnormal. Das sind die Regeln, die uns sehr schnell klar gemacht werden. Würde sich Faust im letzten Akt die Maske vom Gesicht reissen und triumphierend „Haha! Weiche Satan! Ich bin es! Gott!“ rufen – dann hätten wir einen deutschen Literaturklassiker weniger auf der Liste. Das wäre nämlich ein Brechen der Regeln, die die Geschichte selbst aufgestellt hat.

Zurück zu T3. Wir haben bisher schon mehrere Regeln gebrochen.
– Connors ist die Heimatverbundenheit wichtiger als sein Leben, denn das erste, was jemand in unserer Realität tun würde, wenn er sich von Mörderautomaten verfolgt fühlen würde, wäre, irgendwohin auf die andere Seite der Welt zu flüchten, China, Indien oder Mecklenburg-Vorpommern.
– Falls du in einer Millionenstadt lebst, Berlin, München o.ä., geh mal nachts aus und brich irgendwo ein. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort jemand arbeitet, mit dem du zur Schule gegangen bist?
– Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort jemand arbeitet, mit dem du zur Schule gegangen bist und dessen Vater den Weltuntergang auslöst?
– Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort jemand arbeitet, mit dem du zur Schule gegangen bist und dessen Vater den Weltuntergang auslöst, den du im Film davor abgewendet hast?
– Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dort jemand arbeitet, mit dem du zur Schule gegangen bist und dessen Vater den Weltuntergang auslöst, den du im Film davor abgewendet hast, und du derjenige bist, der die Welt retten wird?

Woher kommt eigentlich plötzlich das Computersystem namens Skynet in T3? In T2 haben sie doch alles dafür getan, dass es niemals existieren wird, indem sie die Computerchips aus der Zukunft zerstört haben, die Dyson dazu benutzen wollte, einen Supercomputer namens „Skynet“ zu erschaffen?

Nochmals der Tipp an die Macher: OK, es ist schwer, aus einem Set von Regeln, das einem vorgesetzt wird, eine eigene, vernünftige Story zu basteln. Aber seid doch bitte so fair, und gebt zu, wenn ihr es nicht schafft. Sagt einfach „Ich kann aus den Regeln, die T1 und T2 aufgestellt haben, keine vernünftige Story wurschteln!“.

Explosionen sind immer gut

Weiter geht’s mit T3. Wir sind bei der Szene, wo Arnie mit seinem Pickup-Truck die Terminatrine in das Lagerhaus der Tierklinik rammt. Dort hockt Connors übrigens gerade in einem Hundekäfig. Es gibt eine riesige Explosion. Frage: Was genau explodiert da? Katzen? Zuerst denkt man, es ist die Terminatorin, aber die schält sich ja quasi unbeschädigt aus einem Trümmerhaufen, keine 3 Meter von Connor im Käfig entfernt. Weder Connor noch Käfig sind nennenswert von der riesigen Explo beeinträchtigt worden, obwohl diese Explosion von Wasauchimmer keine 3 Meter entfernt war.

Auch der Pickup-Truck hat nicht mal nen platten Reifen bei diesem Inferno erlitten, denn Connor und Frau Brewster fliehen mit ihm vom Ort der Zerstörung. Wo es schon wenige Sekunden danach von Polizeifahrzeugen wimmelt. Schnelle Autos und Motorräder, alle wie geschaffen für die Verfolgung eines lahmen Pickup-Truck. Die Terminatöse schnappt sich also ein Motorrad, hat den Truck flugs eingeholt und sprengt ihn mit ihrer Plasmalaserhandkanone in die Luft. Mission accomplished!
Ups! Ach ne, doch nicht! Sie sucht sich ein Vehikel aus, das noch träger und langsamer ist als ein Truck, nämlich ein riesiger Kran auf Rädern. Naja, Terminator-Logik, da steckt man nicht drin.
Dann kommt der Arnold-Terminator auf den Plan und schnappt sich den anderen Kran auf Rädern. Auch das war gelogen. Er benutzt ein Motorrad, vielleicht wegen Geschwindigkeitsvorteilen, man weiß es nicht genau.

T-X=?

Wir gehen jetzt mal näher auf Frau Terminator ein, ihre offizielle Bezeichnung lautet glaube ich „T-X“. Ernsthaft. „X“. In Space-Movies in den 50er Jahren hieß alles „X“, wie „Planet X“ oder „Monster X“.
Zunächst mal ist T-X der dümmste Terminator der Filmserie. Ob es ein Zufall ist, dass der dümmste Terminator eine Frau ist, überlassen wir den Machern des Films. Hier nur 2 Szenen, die zeigen, wie kolossal bescheuert der (die?) T-X ist:
– Kate Brewster rennt über den Friedhof. 50 Meter vor ihr hält ein Auto, aus dem ihr Verlobter aussteigt. Frau Brewster ist happy, ihr Lebensabschnittspartner ist gekommen, um sie zu retten. Wir wissen natürlich, dass der Verlobte in Wirklichkeit T-X ist, der (die) nur das Äußere des Brewster-Stechers angenommen hat. Alles, was T-X nun tun muss, ist Frau Brewster mit ausgebreiteten Armen auf sich zurennen zu lassen, um ihr dann den Hals umzudrehen. Oder sie zumindest als Geisel zu nehmen.
Was tut diese saudoofe T-X-Bitch?? Sie verwandelt sich beim Aussteigen aus dem Auto zurück in das T-X!! Damit jeder von weitem sieht, wer sie ist!! Prompt kriegt sie von Arnold ne Bazooka-Rakete in die Fresse. Und womit? Mit Recht!

– Der Klassiker: Wir rennen vor einem explodierenden, rollenden Ding in gerader Linie weg! Wir schmeissen uns keinesfalls irgendwie zur Seite (Als die T-X im alten Militärbunker vom von Arnie gesteuerten Heli überrollt wird).

Wie heißt die Schauspielerin? Schnell! Ohne googeln!

Abgesehen davon: Weiß jemand, wie die Schauspielerin heißt? Ich nicht. Die Rolle hat ihrer Karriere wohl nicht sehr geholfen. Genau wie der Typ, der den erwachsenen Anakin spielt. Wie heißt der nochmal?
Sie hatte auch nicht wirklich viel Talent, eine Maschine zu spielen. Als sie das Blut von Connor in der Tierklinik per Zunge analysiert, reagiert sie, wie jeder emotionslose Computer reagieren würde: mit einem „OH MEIN GOTT ICH HABE GERADE DEN BESTEN ORGASMUS, DEN MEINE CPU JEMALS ERFAHREN HAT“-Gesicht. Wäre es in der Rolle als Maschine nicht ihre Aufgabe gewesen, NICHT zu schauspielen? Wäre es nicht die Aufgabe des Regisseurs gewesen, zu sagen „Was soll denn das Orgasmus-Gesicht!? Du bist n Roboter, du dummes Stück!!“?

Schnitzel

Zum Abschluss kommen wir mal auf das Schnitzel-Problem. In T1 wird einigermaßen plausibel erklärt, warum Skynet nicht seine ganze Armee von Robotern in die Vergangenheit schickt, um alles, was auch nur andeutungsweise „Connor“ heißt mit Stumpf und Stiel auszurotten. Durch die Zeitmaschine geht nämlich nur organisches Material, kein Metall (warum auch immer). Die Zeitmaschine akzeptiert aber auch großzügig Metall, das von organischem Material umgeben ist.
In T3 wird dieser Regelbruch ganz besonders schmerzlich klar, als Arnold seine ausgebrannte Energiezelle aus dem Auto schmeißt. Er trägt quasi eine Bombe aus der Zukunft mit sich herum. Hätte das mal der erste Terminator gewusst, er hätte wohl seine Energiezelle nach Sarah Connor geschmissen, bevor sie ihn mit der Schrottpresse zerlegt hat.

Diese Regeln, die das Werk selbst aufstellt, wird schon in T2 gebrochen, denn Robert Patrick besteht nur aus flüssigem Metall ohne organische Hülle. Da T2 aber ansonsten awesome ist, ignorieren wir das mal kurzfristig.
Hier mein Tipp für Skynet: pack deine Waffen, Roboter und Mörderflugzeuge einfach in Schnitzel ein, oder sonstiges organisches Material, dann steht der Invasion der Vergangenheit nichts mehr im Weg! Dann kannst du ganz L.A. dem Erdboden gleichmachen, dabei erwischst du bestimmt auch die Connor-Familie! Dann kannst du in der Vergangenheit einfach alles komplett ausradieren … was überhaupt zu deiner Existenz führt. Ups, wir sind wieder bei so nem Nerd-Zeitparadoxon.

Uber-Arnold

Arnold hält am Ende von T3 für Connor und Brewster die schwere, schwere Metalltür auf. Mit beiden Händen muss er sich dagegen stemmen. Plötzlich kommt von irgendwo her der Oberkörper von T-X gekrochen! T-X packt zu und erwischt Sarah Connor am Knöchel! Ups, sorry, ich hab da was verwechselt, es packt John Connor am Knöchel!

Arnold, während er noch die Tür mit beiden (2) Händen stemmt, zieht mit einer Hand (2+1) T-X weg von Connor, holt mit der anderen Hand (2+2) seine Batterie raus und stopft sie T-X ins jammernde Maul. Hinweis des Herstellers: Unser T-X-Modell ist auf Versagen, irrationale Entscheidungen und Jammerei programmiert, unser Frauenbild halt. Unser Modell T-101, auch Schwarzenegger-Modell genannt, ist darauf programmiert, den physikalischen Gesetzen von Chuck Norris zu folgen: er kann einfach ALLES, auch in einer Szene vier Hände haben, wenn nötig.

Trotz allem netter Film. Kein Meilenstein.

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